Seit mehreren Jahren bin ich glücklicher Besitzer einer EGinn Spinnrute der Marke Tailwalk. Viele Einsätze am Wasser liegen hinter uns und ich möchte behaupten, dass ich das Einsatzgebiet dieser Rute (Modell 83M) vollends ausgereizt und sie bis an ihre Grenzen gebracht habe. Bis dato hatte ich noch keine weitere Rute in diesem Einsatzspektrum in der Hand, die mit der Performance und vor allem Sensibilität mithalten konnte – bis dato! Umso gespannter – aber auch skeptisch – war ich, als die neue Crimson Rutenserie als Nachfolger bekannt gegeben wurde. Grund genug, die neue Serie zu testen und basierend auf meinen Erfahrungen mit dem Vorgängermodell zu vergleichen. Eins direkt vorab – die Crimson ist definitiv ein würdiger Nachfolger!
Erster Eindruck und Vergleich
Zunächst einmal gibt es eine Gegenüberstellung der wichtigsten „Rohdaten“ der Ruten, welche zum Test den Weg zu mir gefunden haben:
Tailwalk | EGinn 81 ML | Crimson 82 ML-F |
Länge | 8‘1“ ft / 2,46m | 8‘2“ ft / 2,49m |
Wurfgewicht lt. Hersteller | 5-18 g (max. 28g) | max. 28g |
Schnurklasse | PE 0.5-0.8 | max. PE 1.0 |
Taper | fast | fast |
Teilung | 2-teilig | 2-teilig |
Transportlänge | 127cm | 128cm |
Gewicht | 100g | 120g |
Grifflänge | ~26 cm/ ~38,7 cm | ~28 cm/ ~42,5 cm |
Weitere Angaben zu den Modellen findet Ihr direkt im Shop:
Beim Blick auf die Tabelle fällt auf, dass sich die beiden Ruten in vielen Parametern sehr stark ähneln. Der Zuwachs der Gesamtlänge um wenige Zentimeter ist hierbei zugunsten eines längeren Griffs ausgefallen. Vom Rollenhalter bis zur Spitze sind somit beide Modelle identisch.
Apropos Griff – hier setzt Tailwalk beim Foregrip des Fuji VSS Rollenhalters nun auf Kork statt EVA, was mir persönlich sehr zusagt. Weitere technische Änderungen gibt es im Bereich des Blanks als auch bei der Beringung. Beim Blank kommt ein neue hochwertige Kohlefaser zum Einsatz. Diese soll laut Herstelleraussage dem Blank die gleiche Rückstellgeschwindigkeit und Sensibilität der Vorgängermodelle geben, jedoch die Rute „robuster“ und somit weniger anfällig gegenüber versehentlicher Stöße etc. machen – und das ohne „X-Wrapping“. Zusätzlich greift Tailwalk zum Farbpinsel und verpasst der Crimson rote Akzente.
Mein erster Eindruck zur Rutenaktion: „Wow, die sind sich aber sehr ähnlich.“ Beim „Trockenwedeln“ direkt nach dem Auspacken wirkten beide Ruten gleich schnell und auch bei der Biegekurve konnte ich keinen Unterschied ausmachen. Das ganze habe ich bei mir Zuhause mit montierter Rolle und verschiedenen Gewichten nochmals getestet. Hierzu folgend ein paar Bilder, welche die Ruten unter unterschiedlich starker Belastung zeigen.
Wer auf den oben gezeigten Bildern einen Unterschied feststellen kann möge sich melden. Auch hier zeigt sich: Unter Belastung arbeiten beide Blanks gleich und gehen wunderbar ins semiparabolische. Somit sollten die Ruten im Drill viel Freude bereiten und die Aussteigerquote gering halten.
Neue Beringung
Beim Ringsystem kommen FUJI K Guides zum Einsatz. Da das Beringungskonzept von FUJI immer weiterentwickelt wird, haben sich bei der Crimson die Ringpositionen leicht verschoben. Zusätzlich sind die Laufringe eine Nummer größer gewählt wurden. Keine Angst! Dies fällt nur im direkten Vergleich auf (etwa 1 mm größerer Durchmesser), resultiert aber in Kombination mit dem neu entwickelten Blank in der Möglichkeit auch eine etwas stärkere Schnur zu fischen. Die Ringwicklungen sind in einem sehr dunklen rot gehalten.
Handling
Der neue Blank, die leicht angepasste Beringung, der Zuwachs um 2,5 cm sowie die Verwendung von Kork statt EVA führen letzten Endes wohl zu der Gewichtszunahme von 20 g. Dies liest sich auf dem Papier aber schlimmer, als es sich in der Praxis anfühlt. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich im vornherein die „Specs“ der Rute nicht im Detail durchgelesen hatte und mir der Gewichtsunterschied real selbst ohne Rolle vermutlich nie aufgefallen wäre. Erst im Nachhinein habe ich diese Differenz gelesen und war etwas erstaunt. Ihr könnt Euch also sicher sein: die Rute liegt trotz des minimal höheren Gewichts super ausgewogen und leicht in der Hand!
Wer den Blick nun weiter über die zur Verfügung stehenden Modelle schweifen lässt wird feststellen, dass viele Modelle der älteren Serie übernommen worden sind. So lässt die Crimson mit den „Fast“ Taper Ruten keine Wünsche für Uferangler offen, die es vornehmlich auf Barsch abgesehen haben. Besonders zu erwähnen ist jedoch der Neuzugang des 88H-F Modells. Mit einer Länge von 2,64 m und einem angegebenen Wurfgewicht bis 50 g sollte dies eine tolle Rute zum Jiggen auf Zander sein. Oft genug stand ich in der Vergangenheit am Wasser, und hätte mir von der EGinn genau solch ein Modell gewünscht. Außerdem gibt es weiterhin zwei „Regular“ Taper Versionen, welche sicher die Herzen einiger Meerforellenangler höher schlagen lassen.
Der Praxistest
Kommen wir nun zum wichtigsten Punkt: dem Praxistest und Vergleich. Hierfür habe ich beide Ruten im wechsel entweder mit einer 2500er Daiwa Ballistic EX bzw. der neuen Tailwalk Speaky 2500 HGX ausgestattet. Bespult waren die Rollen mit 8-fach geflochtener PE.
Ausprobiert wurden verschiedene Rigs, klassische Jigs und Chatterbaits bis hin zu kleinen Crankbaits und Topwater-Baits. Auch bei den Führungsstilen war von einleiern, über Jiggen, Schleifen bis zu Twitchen alles Erdenkliche dabei.
Hier viel von Anfang an auf– bei den beiden Ruten scheint es sich um zweieiige Zwillinge zu handeln. Obwohl sie sich gerade optisch doch deutlich voneinander unterscheiden, sind sie im Handling umso ähnlicher. Was sich nach dem auspacken angedeutet hat wurde in der Praxis somit bestätigt. Tailwalk hat es geschafft, zumindest bei den beiden von mir verglichenen Modellen, die Aktion des Blanks exakt zu kopieren. Alle guten Eigenschaften des Vorgängermodells EGinn sind der Crimson erhalten geblieben. Diesen Eindruck hatte auch nicht nur ich, sondern auch zwei Angelkollegen, welchen ich die Ruten am Wasser ebenfalls zum Testen gab.
Nun aber etwas detaillierter. Fangen wir an mit dem Griff. Der oben bereits angesprochene Grifflängenunterschied stellte sich beim Fischen als kaum spürbar heraus. Beim Werfen jedoch liegt die Crimson für mein Empfinden einen kleinen Tick besser in der Hand und lässt sich mittels Zweihandwurf wunderbar aufladen. Auch der verwendete Kork ist hochwertig und angenehm beim Fischen.
Wurfweiten
Zum Thema Werfen lässt sich außerdem nur eins sagen: Wurfwunder! Was ich über die Jahre hinweg von der EGinn gewohnt war, kann die Crimson genauso gut bzw. sogar einen kleinen Tick besser. Die Aufladung der Rute ist in einem großen Wurfgewichtsspektrum super und befördert die Köder auf zum Teil enorme Weiten! Ich habe mir zur Verdeutlichung hierzu am Wasser die Zeit genommen die Wurfweiten bei verschiedenen Wurfgewichten zu ermitteln und für Euch zusammenzufassen. Getestet wurde an einem windstillen Tag mit Stabgewichten aus Tungsten.
Nach dem Auswerfen habe ich die Kurbelumdrehungen gezählt, bis das Gewicht wieder komplett eingeholt war. Mittels des Schnureinzugs pro Kurbelumdrehung der Rolle habe ich dann daraus die Distanz errechnet. Mit jedem Gewicht wurden drei Würfe durchgeführt und die Entfernung gemittelt. Dass diese Methode scheinbar ausreichend genaue und somit aussagekräftige Ergebnisse liefert, habe ich außerdem am Kanal getestet.
An einem Bereich, in welchem der Kanal 50 m Breite hat, habe ich über den Kanal geworfen und danach mittels meiner Methode die Distanz ermittelt. Mein Ergebnis: etwa 48,5m. Das soll ausreichend genau sein! Hier nun die Ergebnisse:
Gewicht | Wurfweite |
5 g | ~60 m |
7 g | ~63 m |
10 g | ~75 m |
15 g | ~87 m |
20 g | ~90 m |
25 g | ~100 m |
Bitte beachtet: Meine Testbedingungen waren idealisiert und solch ein Stabblei hat in der Luft einen sehr geringen Widerstand. Je nach Form des real eingesetzten Köders können bei gleichem Gewicht also unterschiedliche Entfernungen zu Stande kommen – eigentlich ja aber logisch.
Die beim Test von mir verwendeten Gewichte stellen zugleich das von mir als sinnvoll erachtete Wurfgewichtsspektrum der Rute dar. Als untere Grenze sind 5 g machbar und fliegen schon auf eine sehr gute Distanz. Richtig aufzuladen beginnt sich die Rute ab etwa 10 g Gesamtgewicht. Die vom Hersteller angegebenen max. 28 g sind meiner Meinung nach etwas zu hoch gegriffen.
Klar kann man dieses Gewicht werfen, allerdings habe ich mich nicht mehr getraut, volle Power durchzuziehen. Außerdem kommt die Spitze der Rute beim Anstarten eines so schweren Gewichts, z.B. beim Jiggen, schon sehr in Biegung, wodurch die Köderführung nicht mehr ideal ist.
Bei den Angel- und Führungsmethoden glänzt die Rute vor Allem beim jiggen mit kleinen Gummifischen oder Spin-Jigs. Außerdem lassen sich alle erdenklichen grundnahen Methoden wie Texas-, Carolina- und Free-Rig sowie Cheburashka präzise führen.
Kleinere Chatter- sowie Crankbaits kann die Rute auch ab, jedoch darf hier der Widerstand des Köder beim Einholen nicht all zu groß sein. Lediglich für das Twitchen eignet sich die Rute aufgrund der Länge sowie des ML Ratings nicht wirklich.
Selbst bei einem kleineren Twitchbait wie dem Zipbaits Trickshad 70 SP ist die Rute schon „überladen“ – hierfür ist die Rute aber schlicht und ergreifend auch nicht konzipiert worden.
Grandiose Sensibilität
Zum Schluss bleibt nur noch übrig ein kurzes Wort über die Sensibilität der Rute loszuwerden. Hier kann ich mich auch wirklich kurz halten: grandios! Gerade hier war ich, wie eingangs erwähnt, von der EGinn in der Vergangenheit regelrecht „geflasht“. Die neue Crimson steht der EGinn in Sachen Feinfühligkeit und Übertragung jedoch in nichts nach.
Mein Fazit
Zum Schluss bleibt mir nichts anderes übrig als zusammenfassend festzuhalten, dass Tailwalk bei der neuen Crimson Rutenserie einen würdigen Nachfolger für die EGinn auf den Markt gebracht hat. Auch ich war Anfangs skeptisch, was sich im Nachhinein jedoch als völlig unbegründet herausgestellt hat, denn dass von mir getestete Modell überzeugt auf ganzer Länge.
Genau wie die Eginn ist die Crimson eine absolute Traumrute für jeden versierten Barschangler. Hier geht’s direkt zu allen Modellen: Tailwalk Crimson Spinnruten
Tight Lines,
Nico